Wie du als AthletIn oder AthletiktrainerIn vom Dynamic Strength Index profitierst

Der Dynamic Strength Index (DSI) stellt ein Verhältnis zwischen maximal abrufbarer Kraft und Explosivkraft des Athleten dar.

Überblick

Der Indexwert kann als Maßgröße herangezogen werden, um potentielle Schwächen eher auf Seiten der Maximalkraft oder auf Seiten der Schnellkraftentwicklung des Athleten aufzudecken. Je nach Ergebnis und eingebettet in eine holistische Analyse (Trainingserfahrung, relatives 1RM, Sportart, biologisches Alter, …), ergeben sich Interventionen die eher auf ballistischen/plyometrischen Übungen, einer Erhöhung der Maximalkraft oder aus einer Mischung beider Fähigkeiten, aufbauen.

Der Test hat eine hohe Reliabilität und benötigt mit einer Kraftmessplatte ein etwas aufwendigeres Equipment. Positiv hervorzuheben ist, dass der Test recht schnell in einem Team-Test-Setting durchgeführt werden kann.

Was ist der DSI?

Der DSI spiegelt das Verhältnis zwischen dynamischer Maximalkraft (z.B. 1RM Kniebeuge) bzw isometrischer Maximalkraft (IsometricMidThigh Pull) und ballistischer Spitzenkraft (z.B. Counter Movement Jump) wider.

Man könnte auch sagen, der DSI misst das individuelle „Kraftpotential“ eines Athleten. So wird die maximal abrufbare Kraft während einer dynamischen bzw. isometrischen Krafttestung der maximal möglichen Kraftentwicklung während einer ballistischen Übung, gegenübergestellt. Auf Basis der Ergebnisse und Analysen des „Kraftpotentials“ kann der Kraft und Konditionstrainer Interventionen setzen.

Messungen

Zwei Messungen sind zur Berechnung des DSI’s relevant:

1. Maximalkrafttest

Dynamisch: 1RM Kniebeugen Test oder Velocity Training Device (z.B. GymAware)
Isometrisch: IsometricMidThigh Pull

Die dynamische Testung mittels Kniebeuge ist aufwendiger und setzt eine gewisse Bewegungskompetenz des Athleten in der Bewegung selbst voraus.
Der IMPT ist hingegen ermüdungs- und verletzungsärmer, könnte aber aufgrund des „Muskelkontraktionstyps“ (isometrisch) auf Basis der Sportartspezifität kritisch hinterfragt werden wenngleich wiederum die offenen Gelenkswinkel spezifisch wären.

2. Ballistische Übung

Z.B. Counter Movement Jump

Welche Auskunft gibt der DSI?

Der DSI zeigt dem Kraft- und Konditionstrainer wo eventuelle Defizite des Athleten in punkto Maximalkraft oder Schnellkraftentwicklung liegen. Das erlaubt dem Trainer basierend auf der jeweiligen „Schwäche“, Schwerpunkte innerhalb der Trainingszyklisierung zu setzen.

Anmerkung zur Maximalkraft

Ohne hier zu sehr ins Detail gehen zu wollen, ist die Höhe der Maximalkraft (insbesondere die Relativkraft (Kraft im Verhältnis zum Körpergewicht)), eine wichtige Komponente athletischer Leistungsfähigkeit. Eine hohe Maximalkraft zeigt positive Korrelationen in Sprintleistung, Sprunghöhe, Change of Direction, und Reduktion von Verletzungswahrscheinlichkeiten.

Zusätzlich ist durch zahlreiche Studien anzunehmen, dass die Höhe der Maximalkraft auch mit der Höhe der Power korreliert. Andersgesprochen, möchte man die Power (=Kraft x Geschwindigkeit) des Athleten verbessern muss eine hohe Maximalkraft das Fundament darstellen!

Über die Diagnostik der Maximalkrafttestung kann bereits in diese wichtige Komponente Einblick genommen werden. Weil die Maximalkraft eine so wichtige Komponente in der athletischen Performance darstellt, ist diese dem DSI vorzuziehen. Das bedeutet, sollte sich bei der Maximalkrafttestung bereits herausstellen, dass der Athlet allgemein eine zu geringe Maximalkraft besitzt, sollte der Fokus unabhängig des DSI-Wertes auf die Entwicklung der Maximalkraft gelegt werden.

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Anmerkung zur Explosivkraft

Die Fähigkeit, seine Maximalkraft auszudrücken kommt mit einer wichtigen Bedingung: Das Zeitfenster in dem man auf ein Objekt Kraft einwirken kann muss lange genug sein, denn bis die maximal mögliche Kraft „abgerufen“ werden kann, dauert es um die 500ms. In vielen Sportarten haben die Athleten nicht diese ausgedehnten Zeitfenster zur Verfügung.

Bei einem Basketball Dunk-Sprung beträgt die Bodenkontaktzeit rund 220ms, beim Weitsprung 150ms und beim Sprint bei maximaler Geschwindigkeit gerade einmal 90ms. Das bedeutet, dass es auch gleichzeitig wichtig ist einen hohen prozentualen Anteil des Maximalkraftpotentials des Athleten verhältnismäßig schnell abrufen zu können.

Das bedeutet, dass bei der ballistischen Testung auch das benötigte Zeitfenster bis zum Erreichen der Spitzenkraft betrachtet werden muss. Beträgt die Zeit beispielsweise mehr 400ms, ist der Athlet einfach zu wenig explosivkräftig und sollte unabhängig vom DSI-Wert mehr reaktivkräftige Übungen in das Training implementieren.

Berechnung des DSI’s

Der DSI gibt den Kraft- und Konditionstrainer Auskunft darüber, wie die beiden Variablen Maximalkraft und Explosivkraft in Relation zueinanderstehen. Je nach Ergebnis lassen sich Rückschlüsse ziehen, welche Trainingsintervention mehr in den Mittelpunkt gestellt und welche weniger stark priorisiert werden sollte.

Der Wert kann wie folgt berechnet werden:

DSI = Ballistische Peak Force / Dynamische oder Isometrische Peak Force

Hier ein Beispiel aus der Praxis:

DSI = 1450 (CMJ) / 3178 (IMTP)
DSI=0,46 (später mehr zur Interpretation dieses Wertes)

Tipp: Eine Möglichkeit um die interpersonelle Vergleichbarkeit zu erhöhen, wäre anstatt der oben gezeigten absoluten Werte, normalisierte Werte zu verwenden.

Test-Retest-Reliabilität

Ein Test alleine ist lediglich ein Anhaltspunkt, besser wäre es den Athleten laufenden Tests – am besten alle 2-3 Monate – zu unterziehen, um so Leistungsveränderungen des Athleten, basierend auf der individuellen Trainingsintervention ablichten zu können. Dazu ist es aber wichtig, dass der Test reliabel ist, sozusagen die erhobenen Daten nicht zufällig entstehen und die Tests auch wirklich geeignet sind um Maximalkraft und Explosivkraft zu messen.

Folgende Test-/Übungskombinationen zeigen in der Literatur reliable Messergebnisse:

  • CMJ + IMTP
  • Static SJ + IMPT
  • Ballistik Bench Throw + Isometrisches Bankdrücken

Interpretation der Ergebnisse

Was bedeutet ein DSI von 0,49, was einer von 0,91 oder 0,64? Welche Trainingsspezifischen Interventionen lassen sich dadurch ableiten?

DSI Scores

Der DSI ist nichts anderes als ein Prozentsatz von jener Kraft, welche für explosivkräftige Übungen (Bodenreaktionszeiten <200ms) nicht abgerufen werden kann. Das bedeutet rein hypothetisch, hat ein Athlet einen DSI von 1, wäre sie in der Lage während eines Sprungs ihr maximal mögliches Kraftpotential auszuschöpfen. Anders gesprochen, je höher der DSI, desto besser kann der Athlet sein „Kraftpotential“ ausnutzen. Im Gegensatz dazu, je niedriger der DSI, desto schlechter kann das Kraftpotential in ballistischen Übungen genutzt werden.

Daraus ergeben sich folgende Ableitungen und Anwendungen:

  • DSI <0,60 –> Ballistisches/Plyometrisches Krafttraining im Fokus
  • DSI 0,60-0,80 –> Gemischter Ansatz mit 1:1 Verteilung
  • DSI >0,80 –> Maximalkrafttraining im Fokus

Abschließende Gedanken

Es ist wichtig, den DSI in den Gesamtstatus des Athleten einzubetten. Der DSI selbst ist vollkommen wertfrei, was bedeutet, dass ein hoher DSI nicht gleichzusetzen ist bzw. besser als ein niedriger DSI ist. Basierend darauf, wen ich teste sollten die Ergebnisse anders interpretiert werden. Ist der DSI beispielsweise mit (<0,6) eher gering und der Athlet besitzt gleichzeitig eine geringe Maximalkraft, sollte dennoch entgegen der obigen Empfehlung in erster Linie Maximalkrafttraining betrieben werden. Bis zu einem gewissen Grad zieht eine Erhöhung der Maximalkraft auch eine Verbesserung ballistischer Performance mit sich.

Ist hingegen der DSI hoch, ist die Maximalkraft bereits recht gut ausgeprägt – der Athlet zeigt aber beim Sprung eine untypisch lange Bodenreaktionszeit –  muss auch hier konträr zur allgemeinen Empfehlung entschieden werden. Der Athlet sollte in diesem Fall den Fokus auf plyometrische Übungen setzen.

Ebenfalls zu bedenken ist, dass für Athleten mit „hoher“ Maximalkraft (Kniebeuge Fmax=>2xKörpergewicht) meistens ein eher niedriger DSI herauskommen wird. In diesem Fall geht es um Monitoring und kleine Steigerungen des DSI’s z.B. von 0,45 auf 0,48 usw.

Abschließend ist zu bedenken, dass niemals nur die Ausprägung einer einzigen Fähigkeit, also Maximalkraft oder Explosivkraft im Trainingsprogramm Einzug finden sollte. Der DSI gibt lediglich Aufschluss darüber, wie Maximalkrafttraining und ballistisches Training innerhalb eines Trainingsprogramms verteilt werden sollten. Z.B. 70% Maximalkraft und 30% ballistisch vs. 40% Maximalkraft und 60% ballistisch usw.

Weiterführende und ergänzende Artikel:

  • IsometricMidThigh Pull (IMTP)
  • Counter Movement Jump (CMJ)

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Quellen

Kawamori, N, Rossi, SJ, Justice, BD, Haff, EE, Pistilli, EE, O’Bryant, HS, Stone, MH, and Haff, GG. Peak force and rate offorcedevelopmentduringisometric and dynamicmid-thigh clean pullsperformed at variousintensities. J StrengthCond Res 20: 483–491, 2006.

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Nuzzo, JL, McBride, JM, Cormi P, and McCaulley, GO. Relationshipbetweencountermovement jump performance and multijointisometric and dynamictestsofstrength. J. Strength. Cond. Res. 23: 699-707, 2008.

Suchomel TJ, Nimphius S, Stone MH. The ImportanceofMuscularStrength in Athletic Performance, Sports Med. 2016 Feb 2.

Stone, MH, Sanborn, K, O’Bryant, HS, Hartman, M, Stone, ME, Proulx, C, Ward, B, and Hruby, J. Maximum strengthpowerperformancerelationships in collegiatethrowers. J. StrengthCond. Res. 17: 739-745, 2003.

Thomas C, Jones PA, Comfort P. Reliabilityofthe Dynamic Strength Index in collegiateathletes. Int J Sports Physiol Perform. 2015 Jul;10(5):542-5.

Weiss LW, Fry AC, Relyea GE. Explosive strengthdeficitas a predictorofverticaljumpingperformance. J StrengthCond Res. 2002 Feb;16(1):83-6.